Smart-Meter: Rate was ich im Fernsehen gesehen habe?

Im Rahmen eines von der deutschen Bundesregierung geförderten Projektes haben Forscher der FH Münster die Auswertungsmöglichkeiten der Verbrauchsdaten in einem Smartgrid untersucht. Das überraschende Ergebnis: Die von Smart-Metern (“intelligenter” Stromzähler in einem Smartgrid) gelieferten Angaben sind so genau, dass sie unerwartet tiefe Einblicke in das Familienleben bieten. Von der Antwort auf die Frage ob der Stromkunde die Mikrowelle oder den E-Herd für das Mitagessen benutzt, bis hin zum abendlichen Fernsehprogramm (inklusive gewähltem Kanal/Film).

Für den Endverbraucher sind die mit neuen Technologien wie den sog. “intelligenten Stromnetzen” verbundenen Auswertungsmöglichkeiten oft nicht absehbar. Zu komplex sind die technischen Zusammenhänge, zu unerwartet die möglichen Verknüpfungen.

Ein praktisches Beispiel: Moderne Fernsehgeräte passen die Helligkeit des Bildschirmhintergrundes zur Bildverbesserung dynamisch an den dargestellten Inhalt an. Dadurch ändert sich der Stromverbrauch des Gerätes minimal. Smart-Meter erfassen diese Änderungen äußerst genau. Die Forscher der FH Münster wiesen nach, dass sich in einem Smartgrid die Verbrauchsdaten des Fernsehers aus den Kundendaten beim Stromanbieter herausrechnen lassen.

Erstellt man nun eine Datenbank mit Verbrauchsprofilen von Filmen und Fernsehsendungen, so lässt sich beim Stromlieferanten sekundengenau feststellen, wann welcher Film oder welche Sendung im Haushalt angesehen wurde.

Angenommen ein Mitglied der Bundesregierung würde wissen wollen, welche Haushalte in Österreich eine “verleumderische” Dokumentation über Schmiergeldzahlungen angesehen haben. Mit den Daten der Stromanbieter wäre das kein Problem. Der Schritt zur Kriminalisierung ungeliebter Inhalte (verbunden mit dem Zugriffsrecht auf die Verbrauchsdaten im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen) ist, wie derzeit in Italien beobachtet werden kann, auch in einem europäischen Rechtsstaat kein sehr großer.

Angesichts solcher Überwachungsmöglichkeiten erscheint George Orwells “1984″ wie ein sanftes Kindermärchen. Wer wird auf diese Daten zugreifen können? Die Geschichte hat gezeigt, wenn eine Möglichkeit zum Mißbrauch besteht, wird diese früher oder später auch ausgenutzt. Steht eine solch eklatante Gefährdung unserer freien, demokratischen Gesellschaft tatsächlich  im Einklang mit den minimalen Einsparungspotentialen eines Smartgrids?

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