Rechtspopulismus in Europa: Planet-Burgenland im Gespräch mit Zoltán Zarándy

Anlässlich der Vorstellung des Buches „Rechtspopulismus in Europa“, erschienen im Planet-Verlag (dem Buchverlag der GBW-Österreich, nicht zu verwechseln mit der unabhängigen Redaktion des Planet-Burgenland), luden Grüne Bildungswerkstatt & Grüne 55plus Burgenland am 17.11.2012 zu einem Vortragsabend mit anschließender Diskussion in die Arche Jennersdorf ein.

Stargast des Abends war Zoltán Zarándy, von „Lehet Más a Politika“ dem politischen Äquivalent der Grünen in Ungarn, mit seinem Vortrag über Rechtsextremismus und Populismus in seiner Heimat.

In äußerst informativer und klarer Weise beleuchtete Zarándy die Ursachen und Hintergründe der derzeitigen Lage in Ungarn, das erschreckende Ausmaß der gemachten Rückschritte in unserem Nachbarland, und wie sich langsam aber sicher ein Hoffnungsschimmer in Form eines breiten Bündnisses aller demokratischen Kräfte abzuzeichnen beginnt.

Als Antwort auf den grassierenden Rechtsextremismus in Teilen Ungarns, vor allem im Südwesten, wo die ultra-nationalistische „Jobbik“ bis zu 40% der Wähler für sich verbuchen kann, setzt LMP laut Zarándy vor allem auf ein Rezept: Bildung und Aufklärung. Zu dessen Umsetzung suchen die ungarischen Demokraten auch Unterstützung aus dem restlichen Europa und natürlich allen voran aus Österreich. Schließlich verbindet die beiden Länder eine lange gemeinsame Tradition und Geschichte.

Auffallend ist dabei, dass innerhalb Europas im Moment eher das Wegschauen praktiziert wird. Extremistische Bewegungen wie Jobbik punkten in Ungarn ganz offen mit Rassismus und Verhetzung. Sie predigen die Abkehr von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, unterstützen oder befürworten die Bildung von „Bürgermilizen“, bei denen nicht nur Aussehen und Auftreten frappierend an die Schlägertrupps der Pfeilkreuzler erinnert.

Dabei schleichen auch in anderen Staaten Europas bereits die gleichen Dämonen um Häuser und Höfe. Wenn nicht rechtzeitig und koordiniert gegengesteuert wird, drohen die Folgen der Finanz- und Bankenkrise zum idealen Nährboden für Gewalt und die Suche nach einfachen Sündenböcken (wie den ungarischen „Zigeunern“) zu werden.

„Wir haben eine sehr lange Tradition in der westlichen Zivilisation, nach Sündenböcken als Ausweg für unsere Probleme zu suchen. Seit der Etablierung des Christentums als Religion haben wir beispielsweise den Konflikt zwischen dem alten und dem neuen Testament. ‘Die Juden’ werden für den Tod des christlichen Erlösers verantwortlich gemacht und sind damit automatisch zuständig für alles Schlechte und Böse in der Welt.

Antisemitismus und Rassenhass ist kein räumlich oder zeitlich beschränktes Phänomen. Wir alle haben diese Lebenslügen, egal in welchem Staat, egal in welchem Zeitalter. Es sind immer die Deutschen, die Umstände, oder eben die Juden, welche Verantwortung für negative Ereignisse tragen. Manchmal auch einfach nur das schlechte Wetter. Aber niemals wir selbst.

Ungarn ist da gar nicht so besonders. Ein Aufblühen solcher Ideen können wir derzeit überall in Europa beobachten. Man braucht offensichtlich noch nicht einmal eine tatsächlich existierende jüdische Bevölkerung im eigenen Land, um Antisemitismus entwickeln zu können. Schauen Sie beispielsweise nach Polen: In dem Land wohnen weniger als 5.000 Juden, trotzdem haben sie sehr starke antisemitische Unterströmungen in der gegenwärtigen Politik.

Dabei vermischen sich die einzelnen Formen sehr stark. Wenn sie an den Stammtischen ein wenig zuhören, dann drehen sich die ‘Witze’ oft um Zigeuner, blonde Frauen und Juden. Die meisten Lacher erntet, wer alle drei miteinander kombiniert.

Ich bin mir nicht mehr sicher, von wem das Zitat stammt, aber es wurde einmal gesagt: Rassenhass und Antisemitismus sind der Zirkus der Ignoranten. Genau da müssen wir meiner Meinung nach ansetzen wenn wir das Problem lösen möchten,“ so Zarándy im Gespräch mit Planet-Burgenland.

„Die extreme Rechte braucht Sündenböcke um zu funktionieren. Zu jeder Krise muss es die passenden Schuldigen geben. Die eigenen Probleme müssen sich auf irgend jemanden abwälzen lassen. Es ist die Verantwortung aller demokratischen Kräfte, vor allem aber einer neuen Generation von Politikern in den Parlamenten, um zu erkennen, dass in diese Richtung keinerlei Kompromisse gemacht werden dürfen. Die Gesellschaft muss einen klaren Standpunkt einnehmen. Wobei eben auch wieder die Bildung einen wichtigen Part spielt.

Wir werden nicht als Demokraten geboren. Wir kommen als unschuldige Kinder zur Welt. Wir müssen lernen, jeden Tag für unsere Freiheiten und Rechte zu kämpfen. Dazu brauchen wir Ausbildungsangebote auf allen Ebenen. Von den Parlamenten bis hinein in die kleinsten Schulen und Kommunen.

Die extreme Rechte hat eben nur dieses eine Angebot, die Verhetzung. Jede Krise birgt die Gefahr in sich, dass es auf fruchtbaren Boden fällt. So wie damals in der Weimarer Republik. Dagegen rechtzeitig vorzugehen ist die Herausforderung. Dafür brauchen wir starke europäische Bündnisse und Partnerschaften,“ so Zarándy abschließend.

LMP kämpft in Ungarn auf extrem schwierigem Terrain. Die Regierung macht es Oppositionellen zunehmend schwerer, bei den Menschen Gehör zu finden. Es herrscht ein Klima der Angst und Repression. Seit neuestem droht sogar ein „Maulkorberlass“, welcher Parteien das Verbreiten von Werbung und Informationen über das Internet verbieten würde.

Das demokratische Ungarn braucht daher dringend die volle Unterstützung seiner Nachbarn. Sei es durch Vernetzung und Austausch von Know-How, oder schlichtweg finanzielle Hilfe. Falls Sie sich direkt engagieren möchten, oder Fragen dazu haben, wenden Sie sich bitte einfach an unsere Redaktion. Wir werden Ihnen gerne helfen, entsprechende Kontakte zu knüpfen.

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  1. [...] Wir werden nicht als Demokraten geboren. Wir müssen lernen jeden Tag für unsere Freiheiten und Rechte zu kämpfen. Stargast bei der Buchpräsentation “Rechtspopulismus in Europa” am 17. November in Jennersdorf war Zoltán Zarándy von „Lehet Más a Politika“, dem politischen Äquivalent der Grünen in Ungarn, mit seinem Vortrag über Rechtsextremismus und Populismus in seiner Heimat. „Die extreme Rechte braucht Sündenböcke um zu funktionieren. Zu jeder Krise muss es die passenden Schuldigen geben. Die eigenen Probleme müssen sich auf irgend jemanden abwälzen lassen. Es ist die Verantwortung aller demokratischen Kräfte, vor allem aber einer neuen Generation von Politikern in den Parlamenten, um zu erkennen, dass in diese Richtung keinerlei Kompromisse gemacht werden dürfen. Die Gesellschaft muss einen klaren Standpunkt einnehmen. Dazu brauchen wir Ausbildungsangebote auf allen Ebenen. Von den Parlamenten bis hinein in die kleinsten Schulen und Kommunen.“ Mehr lesen: /2012/11/27/rechtspopulismus-in-europa-planet-burgenland-im-gesprach-mit-zol.. . [...]

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  2. [...] gab es den tief empfundenen Wunsch, den Planet-Artikel zum Gespräch mit Zoltán Zarándy ( /2012/11/27/rechtspopulismus-in-europa-planet-burgenland-im-gesprach … ) auch für unsere Ungarischen Freunde zugänglich zu [...]

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