In Spanien geht es bergauf… mit dem Heißluftballon

Foto von: Eric BC Lim

Spanien ist gerettet. Die Zinsen, welche das Land für Staatsanleihen bezahlen muss, sind gesunken, es fließt wieder frisches Geld in die Staatskassen. Mit dem Kaputtsparen von Sozial- und Bildungseinrichtungen kann also endlich aufgehört werden. Dank ein paar rechtzeitigen Geschenken kratzt man noch einmal haarscharf an bewaffneten Aufständen der Bürgerinnen und Bürger vorbei. Kommt Europa also wieder auf Kurs? Darf man wieder auf Wohlstand und eitle Wonne im Euro-Paradies hoffen? Leider nur dann, wenn man nicht all zu genau hinschaut, wo das frische Geld tatsächlich herkommt.

Spaniens Liquidität stammt in Wirklichkeit zum allergrößten Teil direkt von der Europäischen Zentralbank. Diese verleiht großzügig Geld an spanische Banken und verlangt dafür lediglich 0,5% Zinsen. Offiziell sollte diese Liquiditätsspritze eigentlich dabei helfen, die Realwirtschaft anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Banken legen das Geld aber stattdessen in Staatsanleihen an und bekommen dafür je nach Laufzeit 2-4% Zinsen von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Sie machen also 1,5 bis 3,5% Gewinn, ohne dafür irgendwelche Leistungen erbringen zu müssen.

Der Clou an der Geschichte: Die EZB akzeptiert Staatsanleihen als Sicherheit für weitere Kredite. Das Karussell lässt sich also munter im Kreis drehen: EZB-Kredit aufnehmen, Staatsanleihen kaufen, Staatsanleihen bei der EZB als Sicherheit hinterlegen, weiteren Kredit aufnehmen, weitere Staatsanleihen kaufen, wieder bei der EZB hinterlegen…

An dieser Stelle eine Warnung an unsere Leserinnen und Leser: Wer solche Spiele in der realen Wirtschaft versucht, landet in der Regel recht schnell im Gefängnis. Nachahmerinnen und Nachahmern wird daher dringend empfohlen, sich rechtzeitig eine Banklizenz zuzulegen.

Bei kritischer Betrachtung dieser „Erfolgsstory“ stellen sich vor allem zwei Fragen:

1. Warum profitieren genau jene Banken, deren Rettung durch die europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler überhaupt erst zur derzeitigen Schuldenkrise geführt hat, davon, dass die EZB im Endeffekt massenhaft spanische Staatsanleihen aufkauft?

2. Wo soll diese Taktik hinführen? Spanien wird, genau wie die meisten anderen EU-Länder, niemals in der Lage sein, langfristig auch nur die Zinsen für seine astronomischen Staatsschulden zu tragen. Von einer Tilgung dieser Schulden ganz zu schweigen. Die EZB nimmt also im Endeffekt schlichtweg toxische Papiere in noch nie dagewesener Höhe in ihre Bilanzen auf. Wie lange kann das gut gehen? Wie lange wird es dauern, bis sich nach der großen Party der Kater einstellt?

Nicht nur Europa hat im Endeffekt schlichtweg hemmungslos die Geldschleusen geöffnet. Auch in Japan und den USA laufen die Druckerpressen und Schuldenuhren auf Höchstgeschwindigkeit. Lediglich die Verteilungsmuster sind dort teilweise etwas anders. So schafft es die japanische Regierung beispielsweise besser, das Geld tatsächlich an die Privatwirtschaft zu verteilen. Das Ergebnis: Der Nikkei-Index stieg innerhalb kurzer Zeit um mehr als 40%. Gerade die Aktien exportorientierter Unternehmen werden weit über ihrem tatsächlichen Wert gehandelt.

Weil auch die privaten Anlegerinnen und Anleger anfangen, Investments in die Finanzmärkte vorzuziehen. Dort lässt sich schneller und mit weniger Aufwand/Risiko Profit machen als in der Realwirtschaft. Dass die Schere zwischen Finanzmarkt und Realmarkt damit immer weiter auseinander klafft und die Realwirtschaft im wahrsten Sinn des Wortes ausgetrocknet wird, scheint in den Köpfen der Täterinnen und Täter nicht anzukommen. Bis das Kartenhaus eben wieder einmal in sich zusammenbricht.

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Über Wolfgang Kuehn

Wolfgang Kühn ist Leiter der Planet-Redaktion, Autor und Berater.
Weitere Informationen finden Sie auf seiner persönlichen Homepage unter www.wolfgang-kuehn.com, sowie auf Google+ und Twitter.

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